Bundesgesetzblatt

In einer Zusammenschau der Grundverordnung (Jahrgang 2003, ausgegeben am 14. Februar 2003, Teil II; 140. Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Zugangsvoraussetzungen für das reglementierte Gewerbe der Lebens- und Sozialberatung [Lebens- und Sozialberatungs-Verordnung]) sowie der Änderungen (Jahrgang 2006, ausgegeben am 14. März 2006, Teil II; 112. Verordnung) heißt es (Angaben und korrekte Zusammenstellung ohne Gewähr; letzte redaktionelle Bearbeitung: 03/2009):

§ 1 Zugangsvoraussetzungen

§ 1. Durch die im Folgenden angeführten Belege ist die fachliche Qualifikation zum Antritt des Gewerbes der Lebens- und Sozialberatung (§ 94 Z 46 GewO 1994) als erfüllt anzusehen:

1. Zeugnisse über
  1. den erfolgreichen Besuch des in § 5 festgelegten Lehrganges für Lebens- und Sozialberatung und
  2. die bei einer ausbildungsberechtigten Person gemäß § 3 und § 4 Abs. 3 absolvierte Einzelselbsterfahrung im Ausmaß von mindestens 30 Stunden und
  3. eine fachliche Tätigkeit gemäß § 2 im Ausmaß von mindestens 750 Stunden unter begleitender Supervision, insbesondere im Sinne einer Fallkontrolle durch eine ausbildungsberechtigte Person gemäß § 4 Abs. 4

oder

2. Zeugnisse über
  1. den erfolgreichen Abschluss einer der im Folgenden angeführten Ausbildungen:
    • Lehranstalt für Ehe- und Familienberatung oder
    • Akademie für Sozialarbeit oder eine vergleichbare Studienrichtung oder
    • Pädagogische, Berufspädagogische oder Religionspädagogische Akademie oder ad) Bildungsanstalt für Kindergartenpädagogik (Bildungsanstalt für Kindergärtner/innen) oder
    • Bildungsanstalt für Sozialpädagogik (Bildungsanstalt für Erzieher/innen) oder af) Ausbildung im gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege nach den Bestimmungen des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes, BGBl. I Nr. 108/1997, oder
    • human- oder sozialwissenschaftliche Studienrichtungen einschließlich Rechtswissenschaft, Psychologie, Pädagogik, Philosophie, Soziologie, Medizin / Humanmedizin / Zahnmedizin, Publizistik und Kommunikationswissenschaft, Theologie, oder der postgraduellen Ausbildungen zum klinischen Psychologen, zum Gesundheitspsychologen oder zum Psychotherapeuten oder Fachhochschul-Studiengang aus dem Bereich "Sozialarbeit" oder
    • psychotherapeutisches Propädeutikum gemäß dem Psychotherapiegesetz, BGBl. Nr. 361/ 1990,

    und

  2. die erfolgreiche Absolvierung von
    • mindestens 240 Stunden "Methodik der Lebens- und Sozialberatung" und
    • mindestens 80 Stunden "Krisenintervention" und
    • mindestens 16 Stunden "Berufsethik und Berufsidentität" und
    • mindestens 16 Stunden "Betriebswirtschaftliche Grundlagen" und
    • mindestens 24 Stunden "Rechtliche Fragen im Zusammenhang mit der Lebens- und Sozialberatung" bei einer Ausbildungseinrichtung, deren Lehrgangsveranstaltung gemäß § 119 Abs. 5 GewO 1994 vom Allgemeinen Fachverband des Gewerbes genehmigt wurde (§ 5 Abs. 1), sofern diese Ausbildungsschritte nicht Teil der unter lit. a genannten Ausbildungsgänge waren, und
  3. die bei einer ausbildungsberechtigten Person gemäß § 3 und § 4 Abs. 3 absolvierte Einzelselbsterfahrung im Ausmaß von mindestens 30 Stunden und
  4. die bei einer ausbildungsberechtigten Person gemäß § 3 und § 4 Abs. 3 absolvierte Gruppenselbsterfahrung im Ausmaß von mindestens 120 Stunden, sofern diese nicht Teil des vom Bewerber gemäß lit. a abgeschlossenen Ausbildungsganges war, und
  5. eine fachliche Tätigkeit gemäß § 2 im Ausmaß von mindestens 750 Stunden unter begleitender Supervision, insbesondere im Sinne einer Fallkontrolle durch eine ausbildungsberechtigte Person gemäß § 4 Abs. 4
Fachliche Tätigkeit

§ 2.

  1. Die fachliche Tätigkeit im Gesamtausmaß von 750 Stunden hat jedenfalls zu umfassen:
    1. mindestens 100 protokollierte Beratungseinheiten (darunter mindestens fünf Erstgesprächsprotokolle und Prozessprotokolle über zwei abgeschlossene Beratungen) und
    2. mindestens 100 nachgewiesene Supervisionseinheiten (Einzel- und Gruppensupervision), davon mindestens zehn Einzelsupervisionseinheiten.
    3. eine fachliche Tätigkeit gemäß § 2 im Ausmaß von mindestens 750 Stunden unter begleitender Supervision, insbesondere im Sinne einer Fallkontrolle durch eine ausbildungsberechtigte Person gemäß § 4 Abs. 4
  2. Unbeschadet der Erfordernisse gemäß Abs. 1 sind folgende Tätigkeiten bis zu dem allenfalls angegebenen Höchstmaß auf eine fachliche Tätigkeit voll anzurechnen:
    1. fachliche Beratungs-, Begleitungs- und Betreuungstätigkeiten in einschlägigen Praxen oder Institutionen im Ausmaß von höchstens 200 Stunden und
    2. Teilnahme an Gruppen beruflich einschlägig tätiger Personen ("Peergroups" zur Prozessreflexion, Vertiefung der Lehrinhalte, Diskussion über Literatur, Übungen) im Ausmaß von höchstens 100 Stunden und
    3. Leitung oder fachliche Assistenz bei themenspezifischen Seminaren im Ausmaß von höchstens 150 Stunden und
    4. Aufwand für die Vor- und Nacharbeit der genannten Tätigkeiten im Ausmaß von höchstens 150 Stunden.
  3. Ein im Rahmen eines vom Bewerber abgeschlossenen Ausbildungsganges gemäß § 1 Z 2 absolviertes Praktikum ist auf eine fachliche Tätigkeit insoweit anzurechnen, als der Ausbildungsinhalt des genannten praktischen Teils/Praktikums beratungsspezifisch ist und den Abs. 1 und 2 entspricht.
  4. In den Bestätigungen über die fachliche Tätigkeit müssen die einzelnen Bestandteile, aus denen sich die fachliche Tätigkeit zusammensetzt, im Einzelnen ausgewiesen sein. Für jeden Bestandteil muss die genaue Stundenanzahl angegeben und in einer Gesamtaufstellung zusammengefasst sein. Eine Beratungseinheit und eine Supervisionseinheit gelten jeweils als eine anrechenbare Stunde fachlicher Tätigkeit.
Einzel- und Gruppenselbsterfahrung

§ 3 Die Einzel- und Gruppenselbsterfahrung (§ 1 und § 4 Abs. 3) müssen den Erfordernissen einer beratungsspezifischen praktischen Ausbildung entsprechen und bei einer ausbildungsberechtigten Person gemäß § 4 Abs. 3 absolviert werden.

Ausbildungsberechtigte Personen

§ 4.

1. Die Vermittlung der Methodik der Lebens- und Sozialberatung im Rahmen der Ausbildung für das Gewerbe der Lebens- und Sozialberatung hat durch eine natürliche Person zu erfolgen, die
  1. zur Ausübung des Gewerbes der Lebens- und Sozialberatung berechtigt ist und
  2. seit mindestens fünf Jahren als Lebens- und SozialberaterIn tätig ist und regelmäßig an beruflichen Weiterbildungsveranstaltungen im Ausmaß von mindestens 16 Stunden im Jahr teilnimmt.
2. Die Vermittlung von Krisenintervention im Rahmen der Ausbildung für das Gewerbe der Lebens- und Sozialberatung hat durch eine natürliche Person zu erfolgen, die
  1. als Facharzt für Psychiatrie berechtigt ist oder
  2. als Lebens- und Sozialberater oder Lebens- und Sozialberaterin, Gesundheitspsychologe oder Gesundheitspsychologin, klinischer Psychologe oder klinische Psychologin oder Psychotherapeut oder Psychotherapeutin berechtigt ist und
    • seit mindestens fünf Jahren diesen Beruf ausübt und
    • regelmäßig an beruflichen Weiterbildungsveranstaltungen im Ausmaß von mindestens 16 Stunden im Jahr teilnimmt.
3. Die Leitung der Einzelselbsterfahrung und der Gruppenselbsterfahrung im Rahmen der Ausbildung für das Gewerbe der Lebens- und Sozialberatung hat durch eine natürliche Person zu erfolgen, die
    1. zur Ausübung des Gewerbes der Lebens- und Sozialberatung berechtigt ist und
    2. Einzelselbsterfahrung und Gruppenselbsterfahrung im Gesamtausmaß von mindestens 250 Stunden absolviert hat oder
    1. als Gesundheitspsychologe oder Gesundheitspsychologin, klinischer Psychologe oder klinische Psychologin oder Psychotherapeut oder Psychotherapeutin oder Arzt oder Ärztin, die/der über ein „ÖÄK-Diplom Psychotherapeutische Medizin“ verfügt, berechtigt ist und
    2. seit mindestens fünf Jahren diesen Beruf ausübt und
    3. regelmäßig an beruflichen Weiterbildungsveranstaltungen im Ausmaß von mindestens 16 Stunden im Jahr teilnimmt oder
4. Die Einzelsupervision und die Gruppensupervision im Rahmen der Ausbildung für das Gewerbe der Lebens- und Sozialberatung ist bei einer natürlichen Person zu absolvieren, die
    1. zur Ausübung des Gewerbes der Lebens- und Sozialberatung berechtigt ist und
    2. eine Zusatzqualifikation von mindestens 100 Stunden in Supervisionsfortbildung nachweisen kann oder
    1. als Gesundheitspsychologe oder Gesundheitspsychologin, klinischer Psychologe oder klinische Psychologin oder Psychotherapeut oder Psychotherapeutin oder Arzt oder Ärztin, die/der über ein "ÖÄK-Diplom Psychotherapeutische Medizin" verfügt, berechtigt ist und
    2. seit mindestens fünf Jahren diesen Beruf ausübt und
    3. regelmäßig an beruflichen Weiterbildungsveranstaltungen im Ausmaß von mindestens 16 Stunden im Jahr teilnimmt. Lehrgang für Lebens- und Sozialberatung
5.
  1. Der Lehrgang ist an einer Ausbildungeinrichtung zu absolvieren, deren Lehrgangsveranstaltung durch die beim Allgemeinen Fachverband des Gewerbes eingerichtete Zertifizierungsstelle (§ 119 Abs. 5 GewO 1994) genehmigt wurde.
  2. Die Ausbildungseinrichtung verpflichtet sich, im Sinne der Qualitätssicherung der Ausbildung schriftliche und nachprüfbare Evaluierungen des Lehrganges durchzuführen.
  3. Im Anhang werden die Gegenstände des Lehrganges einschließlich der im betreffenden Gegenstand zu behandelnden Themen und die für den jeweiligen Gegenstand maßgebende Mindestanzahl von Stunden festgelegt.
    1. als Gesundheitspsychologe oder Gesundheitspsychologin, klinischer Psychologe oder klinische Psychologin oder Psychotherapeut oder Psychotherapeutin oder Arzt oder Ärztin, die/der über ein "ÖÄK-Diplom Psychotherapeutische Medizin" verfügt, berechtigt ist und
    2. seit mindestens fünf Jahren diesen Beruf ausübt und
    3. regelmäßig an beruflichen Weiterbildungsveranstaltungen im Ausmaß von mindestens 16 Stunden im Jahr teilnimmt. Lehrgang für Lebens- und Sozialberatung
Übergangsbestimmungen

§ 6

  1. Die Befähigung für das Gewerbe der Lebens- und Sozialberatung kann auch durch das Zeugnis über eine vor dem 11. Juli 1998 erfolgreich abgelegte Prüfung gemäß § 2 der Verordnung BGBl. Nr. 602/1995 erbracht werden.
  2. Die Voraussetzung des § 1 Z 1 lit. a gilt auch dann als erfüllt, wenn die betreffende Person vor dem 15. Februar 2003 den Lehrgang für Lebens- und Sozialberatung erfolgreich abgeschlossen hat oder vor dem 15. Februar 2003 in den Lehrgang eingetreten ist und diesen danach erfolgreich abgeschlossen hat.
  3. Personen, die als klinische Psychologen oder Psychotherapeuten gemäß § 5 Abs. 1 der Lebens- und SozialberaterInnen-Befähigungsnachweisverordnung, BGBl. II Nr. 221/1998, im Rahmen des Lehrganges für Lebens- und Sozialberatung zur Vermittlung der Methodik der Lebens- und Sozialberatung berechtigt waren und diese Ausbildungstätigkeit tatsächlich ausgeübt haben, sind weiterhin ausbildungsberechtigt, wenn sie die Voraussetzung des § 4 Abs. 1 Z 1 erfüllen.
In-Kraft-Treten

§ 7 § 1 Z 1 lit. a, b und c, § 1 Z 2 lit. b, c, d und e, §§ 3, 4, 5, 6 und 7 sowie die Änderungen im Anhang in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 112/2006, treten mit dem auf den Tag der Kundmachung folgenden Monatsersten in Kraft.

Anhang
Lehrgang für Lebens- und Sozialberatung
I. Stundentafel

1. Einführung in die Lebens- und Sozialberatung: 20 Stunden

historische Entwicklung der Lebens- und Sozialberatung
gesellschaftspolitische Rahmenbedingungen der Lebens- und Sozialberatung
Sozialphilosophie und Soziologie
2. Gruppenselbsterfahrung: 120 Stunden

3. Grundlagen für die Lebens- und Sozialberatung in den angrenzenden sozialwissenschaftlichen, psychologischen, psychotherapeutischen, pädagogischen und medizinischen Fachbereichen: 68 Stunden
Unterschiede, Abgrenzungen und Gemeinsamkeiten zwischen Lebens- und Sozialberatung, Psychotherapie, Psychologie, Medizin (Fragen zu Schwangerschaft, Geburt und Empfängnisregelung und Psychiatrie), Seelsorge, Pädagogik, Sozialarbeit und sonstigen Tätigkeiten im psychosozialen Umfeld
anthropologische und philosophische Grundlagen in den angrenzenden Fachbereichen
psychologische und pädagogische sowie kommunikationstheoretische Grundlagen

4. Methodik der Lebens- und Sozialberatung: 240 Stunden
  • Überblick über verschiedene Beratungsmodelle der Einzel-, Paar- und Familienberatung
  • Theorie und Praxis einer Methode der Lebens- und Sozialberatung
  • Psychosoziale Interventionsformen und prozessuale Diagnostik in der Beratung
  • verschiedene Themen der Lebens- und Sozialberatung gemäß der Berufsumschreibung im § 119 GewO 1994
  • Einführung in spezielle Beratungsfelder wie Supervision, Selbsterfahrung, Coaching, Mediation
  • Beratung nach dem Familienförderungsgesetz

5. Krisenintervention: 80 Stunden

  • Erkennen von Krisen
  • Krisensymptome
  • Verlaufsformen von Krisen
  • Interventionen bei Krisenverläufen
  • Überweisung und Kooperation

6. Rechtliche Fragen im Zusammenhang mit der Lebens- und Sozialberatung: 24 Stunden Familienrecht Berufsrecht Allgemeine Rechtsfragen

7. Betriebswirtschaftliche Grundlagen: 16 Stunden Buchführungspflichten, Betriebsführung Steuerrechtliche Grundlagen Kalkulation und Verrechnung Marketing für Lebens- und SozialberaterInnen

8. Berufsethik und Berufsidentität: 16 Stunden ethische Grundfragen Standes- und Ausübungsregeln Berufsbild und Tätigkeitsbereiche Berufsidentität und Berufsorganisation II. Sonstige Bestimmungen betreffend den Lehrgang für Lebens- und Sozialberatung ​
  1. Der Lehrgang hat insgesamt mindestens 584 Stunden in mindestens fünf Semestern zu umfassen. Die Ausbildungseinrichtung überprüft den Lernerfolg nachprüfbar schriftlich und mündlich.
  2. Dem Zeugnis über den erfolgreichen Abschluss des Lehrganges für Lebens- und Sozialberatung müssen Belege betreffend den Namen der Person, durch die die Leitung der Gruppenselbsterfahrung erfolgt, samt Glaubhaftmachung ihrer Qualifikation gemäß § 4 Abs. 3 angeschlossen sein. ​
  3. Das Abschlusszeugnis enthält deutlich sichtbar das Logo der Lebens- und SozialberaterInnen.